
300.000 Euro für den ersten Schritt: Hinterschmidings Bürgermeister Fritz Raab erklärt seinem Wasserwart Martin Prosser, wo neue Abwasser- und Wasserleitungen entstehen sollen.
Hinterschmiding. Wasserwart Martin Prosser ist derzeit im Dauereinsatz. Selbst an Heilig Abend wurde er „alarmiert“. Der Grund: In der Gemeinde Hinterschmiding häufen sich die Wasserrohr-Brüche. Bürgermeister Fritz Raab spricht von 22 Schäden dieser Art allein im vergangenen Jahr. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein. Denn – logischerweise – sind sowohl die Abwasserkanäle als auch die Trinkwasserleitungen unter der Erdoberfläche verlegt, Beschädigungen deshalb nur bei schwerwiegenderen Fällen feststellbar. Wie in vielen anderen Gemeinden im Bayerischen Wald auch, sind die Leitungsnetze (größtenteils gebaut in den 50er- und 60er-Jahren) inzwischen marode – allumfassende Sanierungen deshalb unbedingt erforderlich. Wie in der Gemeinde Hinterschmiding sind in den ohnehin schon klammen Haushaltskassen der Kommunen in den kommenden Jahren Millionenbeträge dafür eingeplant.

Nach 50 Jahren im Erdreich sind die Rohre arg in Mitleidenschaft gezogen: Rost hat Löcher in die Außenwände gefressen…
Wie viel die Haidelgemeinde genau berappen muss, kann Fritz Raab – Stand heute – noch gar nicht abschätzen. „Für den ersten Sanierungsabschnitt in Hinterschmiding sind 300.000 Euro veranschlagt. Den Rest müssen wir dann nach und nach in Angriff nehmen. Das wird Jahre dauern. Insgesamt werden wir wohl einen Betrag weit im siebenstelligen Bereich aufwenden müssen.“ Ein finanzieller Kraftakt für die kommunale Hand – zumal es in dieser Hinsicht keine staatlichen Hilfen gibt. Das bestätigt Albin Schramm vom Wasserwirtschaftsamt (WWA) Deggendorf: „Die Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben sehen das nicht mehr vor. Nach unserem Kenntnisstand ist auch nicht geplant, die Sanierung bei einer Fortschreibung der Richtlinien wieder mit aufzunehmen.“ Auch deshalb wird es noch einige Zeit dauern, bis die Rohrnetze wieder vollkommen in einwandfreiem Zustand sind, Rohrbrüche somit so gut wie ausgeschlossen werden können. Bis dahin werden die Bauhofmitarbeiter noch einige Extra-Stunden schieben müssen – ein arbeits-, zeit- und geldintensives Unterfangen.
Rohre müssen mehr Druck standhalten als eigentlich gedacht
Wasserwart Martin Prosser spricht von bis zu zehn Stunden, bis ein Rohrbruch lokalisiert und erste Reparatur-Schritte eingeleitet sind – Bürgermeister Raab blickt auf 23.000 Euro Materialkosten für die 22 Rohrbrüche im vergangenen Jahr. Albin Schramm vom WWA Deggendorf dazu: „Die Situation bei den Wasser- und Abwasserleitungen ist im Landkreis Freyung-Grafenau nicht anders als in anderen Landkreisen auch – viele Leitungen sind bereits mehrere Jahrzehnte alt – und damit großteils sanierungsbedürftig.“ Dinge, von denen die Bevölkerung so gut wie gar nichts mitbekommt. Zumal durch Umleitungssysteme die Wasserversorgung jederzeit sichergestellt werden kann. Raab spricht ein generelles und auch offensichtliches Problem der Gemeinden an, was unterirdische Investitionen betrifft: „Das sind eben keine Prestigeprojekte, die jeder gleich wahrnimmt und lobt. Dass Wasser aus dem Wasserhahn kommt, wird als selbstverständlich angesehen. Dennoch müssen wir Millionen vergraben, um die Versorgung sicherzustellen.“ Obwohl die Leitungen inzwischen überaltert sind und längst hätten saniert werden sollen, betont Fritz Raab: „Meine Vorgänger haben da nicht geschlafen. Es ist doch klar, dass man solche Investitionen soweit hinauszögert wie möglich.“

… und auch Absperrschieber unbrauchbar gemacht. Wasserwart Martin Prosser und Bürgermeister Fritz Raab begutachten die Schäden.
Außerdem sei das Alter nicht der einzige Grund für die dauernden Schäden. Auch das ausgeprägte Höhenprofil der Bayerwoid-Gemeinden trägt dazu bei. So muss das Wasser in der Gemeinde Hinterschmiding bis zu 160 Höhenmeter zurücklegen. Die Rohre, eigentlich nur auf maximal zwölf Bar ausgelegt, müssen so viel mehr Druck standhalten als eigentlich gedacht. „Deshalb möchten wir Druckminderschächte einbauen. Diese sind aber sehr teuer“, erklärt Raab – und ergänzt: „Damit würden wir es schaffen, die Anzahl der Rohrbrüche zu vermindern. Die Kosten wären innerhalb von zwei Jahren amortisiert.“ Der Hinterschmidinger Rathaus-Chef versucht, nicht nur zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Gleichzeitig mit der Modernisierung des Wasser- und Abwassersystems werden auch Leerrohre für Breitbandkabel und neue Stromtrasen verlegt. So wird versucht, zumindest etwas Geld zu sparen. Denn sicher ist: Es werden noch länger Bagger, Arbeiter und zu verbauende Rohre in Hinterschmiding zu sehen sein – und auch im übrigen Landkreis.
Die Qualität unseres Trinkwassers ist nicht beeinflusst
Eine Gefährdung der Qualität des Trinkwassers durch Rohrbrüche und marode Leitungen schließen sowohl das Wasserwirtschaftsamt Deggendorf als auch das Gesundheitsamt am Landratsamt Freyung aus. „Aufgrund des Drucks kann praktisch keine Verunreinigung in das Leitungssystem eindringen. Das Problem ist vielmehr der Wasserverlust, der jeder Gemeinde natürlich Geld kostet“, erklärt Albin Schramm. Für den Fall der Fälle, das heißt einer möglichen Verunreinigung des Wassers, ist man jedoch gewappnet. Landkreis-Pressesprecher Karl Matschiner: „Grundsätzlich gilt: Das Wasser muss bei Rohrbrüchen untersucht beziehungsweise einer Überwachung unterzogen werden. Regelmäßige Beanstandungen oder größere Probleme sind uns nicht bekannt.“ Etwas anders ist die Situation, wenn es um Verunreinigungen durch Schäden an den Abwasserleitungen geht. Hinterschmidings Bürgermeister Raab weiß, dass austretendes Abwasser sogar juristische Folgen haben kann. „Das wäre dann eine Umweltverschmutzung – und somit strafbar“, macht er deutlich. Nach Auskünften des WWA sei das bisher nicht der Fall gewesen.
Stichprobenartige Stimmen aus dem Landkreis Freyung-Grafenau

„Wir verfügen über eine moderne Kläranlage mit intaktem Entsorgungsnetz sowie ein intaktes Wasserversorgungsnetz“, verkündet Neureichenaus Bürgermeister Walter Bermann stolz.
Walter Bermann (Bürgermeister Neureichenau): „Die Gemeinde Neureichenau hat stets Wert darauf gelegt, ihre Hausaufgaben zu machen – man hat sich keine Prestigeobjekte geleistet. Gott sei Dank hat auch mein Amtsvorgänger Alfons Hellauer schon so gehandelt. Wir verfügen über eine moderne Kläranlage in Neureichenau mit intaktem Entsorgungsnetz sowie ein intaktes Wasserversorgungsnetz mit zwei neuen Entsäuerungsanlagen. Alte Leitungen wurden und werden nach und nach erneuert, deshalb haben wir nur geringe Wasserverluste. Neureichenau ist glücklicherweise nicht auf Fremdversorgung angewiesen, sondern versorgt sich völlig autark. Wasser ist nun mal das wichtigste Lebensmittel – und die nächsten Kriege werden vermutlich nicht ums Erdöl, sondern ums Wasser geführt.“
„Die größte Investition war der Neubau des Klärwerks Spiegelau“

„In den nächsten Jahren ist mit größeren Summen für die Sanierung der bestehenden Infrastruktur zu rechnen“, rechnet Spiegelaus Bürgermeister Karlheinz Roth vor.
Karlheinz Roth (Bürgermeister Spiegelau): „Im Bereich der Infrastruktur als auch bei den Leitungen besteht ein erheblicher Sanierungsbedarf. Das liegt daran, dass das Leitungsnetz inzwischen in die Jahre gekommen ist. Die größte Investition in der vergangenen Zeit war der Neubau des Klärwerks Spiegelau. In den nächsten Jahren ist mit größeren Summen für die Sanierung der bestehenden Infrastruktur zu rechnen. Die genauen Zahlen stehen derzeit noch nicht fest. Es ist zudem vorgesehen, die Ersterschließung im Abwasserbereich mit dem Bau der Container-Kläranlage in Klingenbrunn-Bahnhof – Kosten zirka: 1,2 Millionen Euro – und dem Neubau des Kanals in der Schwarzachstraße in Höhe von rund 150.000 Euro abzuschließen.“
„Eine Unterstützung durch den Staat wäre wünschenswert“

„Dass es ab und an zu Rohrbrüchen kommt, ist unweigerlich und sicherlich im Dauereinsatz begründet“, beschreibt Saldenburgs Bürgermeister Max König die Situation.
Max König (Bürgermeister Saldenburg): „Bis auf Ausnahmen haben wir ein gutes Rohrnetz. Dass es zu Rohrbrüchen kommt, ist unweigerlich und sicherlich im Dauereinsatz begründet: Senkungen, Materialermüdung usw.. Im Kanalbereich haben wir Probleme mit Druckleitungen, die durch die extreme Belastung beschädigt werden. In der Vergangenheit wurde sehr viel in diese Bereiche investiert, sei es im Kläranlagen- oder im Kanalnetzbau, wo rund 4,8 Millionen Euro investiert wurden, sowie in der Wasserversorgung, die mit zirka 1,9 Millionen Euro zu Buche schlägt. Diese Anlagen wurden auch digitalisiert, sodass Veränderungen sofort erkennbar sind. Heuer werden wir zudem eine Hauptwasserleitung erneuern müssen, was über 500.000 Euro kosten wird. Bei Verbesserungen sind die Kosten auf die Abnehmer umzulegen. Bei einer Erneuerung muss die Gemeinde die Kosten auf Jahre vorstrecken. Die Betreuung von den Ämtern, vor allem im Bereich Abwasserentsorgung durch das Wasserwirtschaftsamt Deggendorf, ist sehr gut. Eine bessere Unterstützung durch den Staat, eventuell mit Zuschüssen, wäre wünschenswert.“
„Aktuell werden 100.000 Euro für Sanierungen ausgegeben“

„Die Sicherstellung, der bedarfsgerechte Ausbau sowie die fachlich einwandfreie Wartung ist ständiger Auftrag einer Kommune“, macht Röhrnbachs Bürgermeister Josef Gutsmiedl klar.
Josef Gutsmiedl (Bürgermeister Röhrnbach): „Unser Leitungsnetz befindet sich in einem guten Zustand. Die Sicherstellung, der Ausbau sowie die Wartung ist ständiger Auftrag einer Kommune. Seit 1985 läuft ein Programm zur Sanierung der Trinkwasserversorgung – zwei Hochbehälter wurden gebaut, einer saniert. Zudem wurden rund 100 Kilometer Versorgungsleitungen verlegt. Mit Kleinwiesen wurde 2014 nach über 30 Jahren die Trinkwassererschließung abgeschlossen. Für stabile Druckverhältnisse und ausreichenden Vorrat bei Engpässen sorgt unter anderem auch die neue Verbindung zwischen Feldscheid und Garham durch Zuspeisung aus der Wasserversorgung Bayerischer Wald (WBW). Die kontinuierliche Erschließung von Dörfern trug natürlich auch zur Erweiterung, Umrüstung und letztendlich zum Neubau einer Kläranlage bei – aktuell wird dort das Abwasser von rund 117 Kilometer Kanal eingeleitet. Der künftige Schwerpunkt wird im Unterhalt und Sanierung des Leitungsnetzes liegen. Dadurch können auftretende Probleme, die unvermeidbar sind, vermindert werden. Meistens sind altersbedingte Ursachen die Gründe für Rohrbrüche, aber auch unsachgemäße Verlegetechniken können zu Rohrbrüchen führen. Aktuell werden zirka 100.000 Euro für Sanierungsmaßnahmen an Bauwerken, wie Druckminderschächte, oder für Rohrnetzüberwachung ausgegeben.“
„Geld können wir immer gebrauchen“

„Die bisher bereits durchgeführten und noch zu tätigenden Investitionen in unsere Wasserversorgungsanlagen belaufen sich im Rahmen des genannten Konzeptes auf zirka 1,6 Mio. Euro“, bilanziert Mauths Bürgermeister Ernst Kandlbinder.
Ernst Kandlbinder (Bürgermeister Mauth): „Über 40 Jahren nach der Errichtung unserer Hauptwasserversorgungs- und Abwasserleitungen gibt es hier immer wieder Ausbesserungsarbeiten. Das Leitungsnetz ist einfach in die Jahre gekommen und Materialschäden sind in diesen Bereichen leider normal und unausweichlich. In der Gemeinde Mauth wurde ein grundlegendes Konzept zur Verbesserung der Wasserversorgungseinrichtungen mit dem Hintergrund erarbeitet, die Schäden zu minimieren und die dauerhafte Versorgung mit unserem wertvollsten Gut, dem Wasser aus eigenen Quellen, sicherzustellen. Die bisher bereits durchgeführten und noch zu tätigenden Investitionen in unsere Wasserversorgungsanlagen belaufen sich im Rahmen des genannten Konzeptes auf zirka 1,6 Mio. Euro. Weil die Gemeinden rechtlich verpflichtet sind, hier kostendeckend zu arbeiten, muss dieser Betrag mit Verbesserungsbeiträgen und Neukalkulationen der Wassergebühren durch die Bürger finanziert werden. Augenblicklich gab und gibt es keine Förderung von Seiten des Freistaates. Allerdings wird derzeit auf Landesebene nach Möglichkeiten gesucht, den Kommunen künftig Unterstützungsmöglichkeiten zu gewähren. Denn: Geld können wir immer gebrauchen.“
Helmut Weigerstorfer