
Ferdinand Ertl, Teamleiter beim Jugendamt für „unbegleitete Minderjährige“, informierte die Zuhörer unter anderem über die Situation der „unbegleiteten Minderjährigen“ im Landkreis FRG.
Mauth. Netzwerke schaffen, oder einfach nur „Netzwerken“ – das war das große Stichwort beim Infoabend für Unternehmer zum Thema Ausbildung für junge Flüchtlinge und sogenannte unbegleitete Minderjährige. Würde man Geduld bewahren und die Flüchtlingssituation als Chance für die Region betrachten, könne man auch deren Früchte tragen, lautete eine der Botschaften am Dienstagabend im Gasthaus Fuchs in Mauth. Die jungen Menschen bräuchten Unterstützung, fänden sich dann aber verhältnismäßig schnell zurecht. „Das große Ziel sollte sein, mündige Bürger unserer Gesellschaft zu schaffen“, bekräftigte Wolfgang Gaßler, Leiter der Caritas-Flüchtingsunterkünfte in Mauth und Schönberg. Mitunter der wichtigste Punkt sei, Sprachbarrieren zu überwinden. Eine Garantie für den jeweiligen Betrieb, den passenden Auszubildenden zu finden, könne den Unternehmern jedoch nicht gegeben werden.
„Glättung der Demographie“ als elementare Chance
Regionalmanager Stefan Schuster führte gleich zu Beginn einen elementaren Punkt ins Feld: die Glättung der Demographie. „Denn wir werden immer weniger, immer älter und immer bunter.“ Folglich stehen in der Region immer weniger Menschen für den Arbeitsmarkt zur Verfügung, weswegen der momentane Zuzug von Geflüchteten als Chance für die Region gesehen werden solle. Grundsätzlich sei wichtig, dass niemand bevorteilt oder auch benachteiligt werde – weder bei der Ausbildung in Unternehmen, noch bei der Agentur für Arbeit, wie Hans Haugeneder, Leiter der AfA in Waldkirchen, betonte. Erwähnt werden sollte ihm zufolge hierbei, dass alle für Flüchtlinge bereitgestellten Mittel beim Arbeitsamt extra bezogen werden, das heißt: Deutsche Bürger würden auf keinen Fall benachteiligt. Jegliche Form von Priorisierung müsse unbedingt verhindert werden, so Haugeneder.
Erlernen der Sprache erfordert viel Geduld

Michaela Witte (links), Geschäftsführerin des McDonals-Restaurants in Freyung, berichtete der Runde über die Bedeutung ausländischer Arbeitskräfte in ihrem Betrieb.
Den ganzen Abend über wiederkehrend war das Thema Sprache, Sprachkurse und Sprachbarrieren. Michaela Witte, Geschäftsfüherin des McDonalds-Restaurants in Freyung, hat schon seit geraumer Zeit mit Problemen bei der Verständigung mit ihren Mitarbeitern zu kämpfen – kein Wunder bei 85 Prozent ausländischer Belegschaft. Dagegen werde jedoch wirksam, beispielsweise mit internen Online-Sprachkursen, angekämpft.
Obwohl die jungen Flüchtlinge im praktischen Bereich meist sehr versiert und auch arbeitswillig seien, wie einer der Unternehmer im Publikum berichtete, scheitere es oft an mangelnden Deutschkenntnissen. Aufgrunddessen hätten viele etwa auch Probleme beim Erreichen des qualifizierenden Hauptschulabschlusses. Gerade im Bereich Sprache sei viel Geduld erforderlich, um die Integration der Geflüchteten gelingen zu lassen.
„Der Großteil ist durchaus lern- und arbeitswillig“
Bei der anschließenden Diskussion über konkrete Beschäftigungskonzepte für Flüchtlinge wurde überlegt, ob es nicht besser wäre, wenn diese zunächst Deutsch lernen und dann eine Ausbildung absolvieren würden – oder sich beidem gleichzeitig widmen sollen. Allerdings wäre in letzterem Falle eine gesunde Portion „Realismus nötig“, wie die Runde einhellig übereinkam. Denn es sei kaum möglich, dass die Asylbewerber in der gleichen Zeit wie die Einheimischen eine Ausbildung abschließen. Michaela Witte betonte hierzu: „Der Großteil ist durchaus lern- und arbeitswilllig, nett und hilfsbereit.“

Wolfgang Gaßler, Caritas-Einrichtungsleiter in Mauth und Schönberg, gab einen Überblick über die Situation in seinem Wirkungskreis.
Ein großes Problem stellen immer noch die Rahmenbedingen für Flüchtlinge dar, wie Hans Haugeneder anmerkte. Für viele sei es schwierig, eine Beschäftigung zu finden, da sie unter anderem keinen Führerschein machen dürften – und somit auf eine Wohnung in der Nähe des Arbeitsorts angewiesen seien. Was häufig nicht genug zur Sprache gebracht werde: Die Traumatisierung, mit der viele der Jugendlichen in Bayern ankommen würden. In solchen Fällen dürfe man laut Ferdinand Ertl, Teamleiter beim Jugendamt für „unbegleitete Minderjährige“, von den Geflüchteten nicht immer gleich fordern, sondern man müsse sie auch einmal zur Ruhe kommen lassen, sie ankommen lassen, denn: „Unbehandelte Traumata machen krank.“
„Die meisten Flüchtlinge halten sich an unsere Wertvorstellungen“
In der bundesweiten Berichterstattung zum Thema Flüchtlingskrise dominieren häufig die Themen „negativer Umgang mit Frauen“ und „verqueeres Rollenverständnis“. Wolfgang Gaßler schätzte diese Punkte auf regionaler Ebene nicht als gravierende Probleme ein, denn die meisten Flüchtlinge würden sich an unsere Wertvorstellungen halten. Natürlich gebe es immer wieder „Ausreißer“, gegen die man aber hart vorginge. Im Anschluss an den Infoabend wurden bereits Zusagen für Betriebsbesichtigungen und Praktika seitens der Metzgerei Beer und des Elektroinstallationsbetriebs Grünzinger in Mauth eingeholt, wie Regionalmanager Schuster auf Hog’n-Nachfrage bestätigt.
Es bleibt zu hoffen, dass durch das „Netzwerken“ weitere Kontakte zwischen den Flüchtlingen und den Betrieben geknüpft werden und so die Integration weiter vorangetrieben wird.
Alexander Wölfl